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Sexueller Missbrauch
Drei Jahre Haft und Psychiatrie für Pfarrer


Wegen sexuellen Kindesmissbrauchs wurde der ehemalige Pfarrer von Riekofen zu drei Jahren Haft und Unterbringung in der Psychiatrie verurteilt. In der Kritik steht auch das Bistum Regensburg. Die Kirche ließ den einschlägig Vorbestraften Peter K. auch die Jugendarbeit machen.

Von Christian Gressner, Regensburg
Stern.de
13. März 2008

Durch den Einsatz des einschlägig Vorbestraften in der 800-Seelen-Gemeinde im Landkreis Regensburg habe das Bistum eine "Versuchungssituation" geschaffen, stellte der Vorsitzende Richter Karl Iglhaut fest. Diese sei zu Gunsten des Angeklagten zu werten. "Das ist, als ob eine Bank einen Mann als Kassier einstellt, der wegen Untreue vorbestraft ist." Das Bistum weist diese Kritik zurück. "Es wäre die Pflicht des ersten Gutachters gewesen, das zweite, das sogenannte Ottermann-Gutachten, einzusehen", sagte der Bischöfliche Pressesprecher Jakob Schötz zu stern.de.

Das erste Gutachten hatte K. weder homosexuelle noch pädophile Neigungen attestiert. Auf dieses beruft sich das Bistum. Die zweite Diagnose von dem ärztlichen Direktor der Straubinger Forensik, Bernd Ottermann, hat bei dem Priester dagegen bereits im Jahr 2000 eine Kernpädophilie und eine Persönlichkeitsstörung festgestellt. Ottermann griff seinen Kollegen vor Gericht daher heftig an und warf ihm eine falsche Diagnose vor.

Er habe sich nicht einmal das damalige Gerichtsgutachten angeschaut und jahrelang in die völlig falsche Richtung behandelt. "Wenn jemand Kopfschmerzen hat, kann ich ihn nicht auf Fußpilz behandeln", so Ottermann. Das Bistum trägt trotz dieser beiden widersprüchlichen Gutachten nach Ansicht seines Sprechers Schötz keine Mitschuld an den Missbrauchsfällen. "Das erste Gutachten war für uns maßgebend, das ist das, worauf wir uns gestützt haben."

Scheinbar stoische Gelassenheit des Angeklagten

Das Urteil nahm der Angeklagte mit scheinbar stoischer Gelassenheit hin. Auch im Laufe des rund zehnstündigen Prozesses zeigte der 40-Jährige kaum eine Regung. Lediglich seine Brille schob er immer wieder mit der linken Hand nach oben. Wegen einer Persönlichkeitsstörung war der Ex-Priester nur eingeschränkt schuldfähig und bekam deshalb eine geringere Haftstrafe von drei Jahren. Zudem verurteilte ihn die Jugendkammer des Landgerichts zum Maßregelvollzug, das heißt der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.

Diese zunächst unbefristete Maßnahme erfolge "zur Besserung des Angeklagten", so der Richter, aber auch zum Schutz der Allgemeinheit. Denn Gutachter Ottermann, der vor Gericht ausführlich gehört wurde, sieht bei K. die Gefahr eines Rückfalls. Auch die Vertreterin der Nebenklage kritisierte vor Gericht das Bistum und indirekt den Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller.

Kirche meldete sich nicht bei dem Jungen

Das Opfer, der heute 15-jährige Junge, sei "aus einem unbeschwerten Leben herausgerissen worden." Der Junge nehme heute kaum noch soziale Kontakte wahr. Die Kirche habe sich bei dem Opfer bislang nicht gemeldet. Bistumssprecher Schötz wies auch diese Kritik zurück. "Wir haben in mehreren Presseerklärungen unser Bedauern gegenüber dem Opfer ausgedrückt." Den persönlichen Kontakt habe man nicht aufgenommen, weil man nicht gewusst habe, wer das Opfer sei. Dies werde man jedoch nach der Gerichtsverhandlung tun.

Das Gericht wertete in seinem Urteil zugunsten des Angeklagten, dass er die ihm zu Last gelegten 22 Taten zu Beginn der Verhandlung gestanden habe. Dadurch sei eine erneut traumatisierende Vernehmung des Jungen nicht mehr nötig gewesen. Der katholische Geistliche hatte sich etwa ab Ende 2003 an dem Ministranten vergangen.

Während Bewährungszeit mit Jugendlichen gearbeitet

Nach Aussage der einzigen Zeugin in dem Prozess, der ermittelnden Kriminalbeamtin, hatte K. bereits im Jahr 2001 enge Kontakte zu Ministranten in Riekofen. Zu dieser Zeit - nur ein Jahr nach seiner ersten Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs und noch vor Ende der Bewährungsfrist - war er zwar offiziell mit der Seelsorge in einem Altenheim im nahen Sünching betraut, doch aushilfsweise war er auch in Riekofen tätig.

Dabei habe er Ausflüge mit den Ministranten zum Teil über mehrere Tage hinweg unternommen, in manchen Fällen auch ins Ausland. Dies sei ohne das Wissen des Bistums erfolgt, heißt es dort, doch die Ausflüge wurden nach Angaben der Zeugin regelmäßig in der Lokalzeitung angekündigt. Einer der angeklagten Missbrauchsfälle erfolgte dabei in einem Hotelzimmer, das K. mit dem Opfer teilte.

 


 
 


 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 




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